Freitag, 17. April 2015

Eine Insel mit zwei Bergen - oder so ähnlich (Orkney Tag 5)

Die ersten Tage während meines Urlaubs auf Orkney habe ich die Inseln alleine erkundet. Am letzten Tag allerdings hatte Marit frei und wir sind zusammen nach Hoy gefahren. Nur damit hier keine falschen Schlüsse gezogen werden: Der Name der Insel kommt aus dem altnordischen Ha-ey, was "hohe Insel" bedeutet und nicht etwa vom spanischen Wort für "heute" (auch wenn ich mir das Wortspiel "Hoy estamos en Hoy" irgendwie nicht verkneifen konnte). Hoy liegt südlich von Mainland und ist die zweitgrößte Insel der Inselgruppe Orkney. Allerdings unterscheidet sich Hoy stark von den anderen Inseln. Das Gestein ist anders; Hoy hat ein großes Hämatitvorkommen, also ist die Erde rötlich (spontane Assoziationen mit Edom blieben da irgendwie nicht aus) und im Gegensatz zu Rest-Orkney ist Hoy sehr bergig.
Man erreicht die Insel mit der Fähre von Stromness aus. Also mussten Marit und ich mit dem Bus dorthin fahren. Auf dem Weg zum Bus merkte Marit, dass wir den Walking Tours Guide nicht dabei hatten. Sie joggte also zurück zur Wohnung, während ich die Aufgabe hatte, den Bus aufzuhalten. Allerdings hatte der Bus Verspätung und Marit war lange vor der Abfahrt an der Haltestelle.
In Stromness hatten wir eine Stunde Zeit, bevor die Fähre abfuhr. Wir setzten uns ans Wasser in die Sonne, unterhielten uns und kuschelten mit einer Katze, die ebenfalls die Sonne genoss und sich nicht so ganz entscheiden konnte, ob sie mit Marit, mir oder unseren Rucksäcken schmusen wollte.
Zu Marits Verwunderung war die Fähre diesmal ein sehr kleines Boot, das uns übersetzte. Später erfuhren wir, dass die eigentliche Fähre einen Motorschaden hatte und deswegen nicht fuhr. Als wir einstiegen, warnte uns der Kapitän, dass wir vielleicht nicht die Fähre um halb fünf (wie wir ursprünglich geplant hatten) nehmen können würden, weil eine Schulklasse für diese Zeit gebucht hatte.
Wir kamen auf Hoy an und wurden von zwei mächtigen schwarz-braunen Bergen begrüßt. Einer dieser Berge ist die höchste Spitze Orkneys. Man könnte auf den Berg steigen, aber wir hatten etwas anderes vor. Wir sind der Straße von der Fährenanlegestelle in Richtung des Glens gefolgt, weil wir durch das Glen und dann zum Old Man of Hoy wandern wollten. Von den vielleicht 15 Leuten, die mit uns auf der Fähre gewesen waren, entschieden sich fünf fürs Laufen. Die anderen wurden von einem Taxi abgeholt.


Nach ein paar hundert Metern trafen wir auf vier Highland Cows und eine handvoll Shetlandponys. Ich musste anhalten und Ponys streicheln, habe die Kuschelphase aber eher kurz gehalten, damit wir weitergehen konnten. Noch ein Stückchen weiter legten wir eine erste Pause ein, schließlich war das Frühstück eine ganze Weile her, und wurden von zwei Männern überholt, die mit uns auf der Fähre waren und uns fragten, ob es nicht etwas früh für den ersten Pitstop sei.
Schon die ganzen Tage vorher auf Orkney hatte ich sehr viel Glück mit dem Wetter gehabt. Der Wind war kalt, aber es war fast immer sonnig und hat kaum geregnet. Auch am letzten Tag hatten wir überwiegend Sonnenschein, so dass der Weg durch das Glen besonders schön war. Es ging zwischen Heide und Gras hindurch. Ab und zu habe ich Schlüsselblumen entdeckt. Aber auch Hoy war stellenweise sehr matschig. An manchen Stellen konnten wir auf den Grasrand ausweichen, aber ein paarmal versank mein Fuß in einer Schlammpfütze.
Der Weg war recht schmal und Marit und ich mussten hintereinander her laufen. Außerdem lagen viele lose Steine herum. Ich musste an das Zitat aus dem Herrn der Ringe  denken "Es ist eine gefährliche Sache (...) aus deiner Tür hinauszugehen (...). Du betrittst die Straße und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen." (Auch wenn Bilbo weniger v or herumliegenden Steinen warnt) Ich dachte es und knickte um. Super. Aber zum Glück war es nicht so schlimm und ich konnte weiterlaufen.

Vielleicht etwas langsamer gingen wir weiter und wurden von den beiden Männern, die uns vorher überholt hatten, vorbei gelassen, weil sie sich entschieden hatten, dass wir jünger und besser in Form  als sie seien. Wir kamen in Radwick, einer kleinen Ansammlung von Häusern von wo aus wir uns auf den Weg zum Old Man of Hoy machen wollten, an. Als das Tal sich vor uns öffnete hatten wir eine tolle Sicht auf die Bucht, an der Radwick liegt. Blauer Himmel, das Meer in verschiedenen Blau- und Grüntönen, grüne Wiesen und sehr beeindruckende Klippen, an denen ein leichter Dunstschleier hing. Wunderschön.

Der Weg zum Old Man of Hoy ging einen begrasten Hügel, auf dem Schafe wiedeten, hinauf.  Irgendwann war die Weide zu Ende und wir mussten ein paar (bzw. ein paar mehr) Steinstufen nach oben steigen, bis wir auf den Klippen ankamen. Mit Schildern, auf denen "dangerous cliffs" stand, wurden wir gewarnt, nicht zu nah an den Rand zu gehen. Aber erst mal auf den Klippen war der Weg ziemlich gerade und man konnte den Old Man schon von Weitem sehen. 
Manche fragen sich mittlerweile vielleicht, wer oder was der Old Man of Hoy eigentlich ist. Es ist ein 137m hoher Felsenturm vor den Klippen von Hoy. Er ist aus roten und braunen Steinen und sieht schon ein bisschen wie eine Person aus (wenn man auf den Klippen steht, sieht man ihn von hinten). Vögel flogen um ihn herum und saßen auf ihm. Am Fuß des Felsen brauste die Brandung und das Wasser ringsherum war wunderbar klar und glitzerte in der Sonne. Leider kann man so etwas nicht gut auf einem Foto festhalten.









Wir verbrachten unsere Mittagspause beim Old Man und lagen eine Weile in der Sonne (es war sogar so warm, dass wir unsere Jacken ausziehen und nur im Pulli liegen konnten). Dann machten wir uns wieder an den Abstieg nach Radwick. Marit schlug vor, den etwas abenteuerlicheren Weg querfeldein zu nehmen. Aber ich hatte Schiss und wollte lieber wieder den gleichen Weg zurück nehmen. Ich sah es schon kommen, dass ich die Hälfte des abenteuerlichen Wegs auf dem Po rutschend bewältigen und während der anderen Hälfte "Wir werden beide sterben!" (zumindest innerlich) schreien würde. Und dann wäre ich vermutlich unbeschadet unten angekommen und hätte festgestellt, dass es gar nicht so schlimm war. Wie auch immer. Wir haben den sicheren Weg genommen und sind in Radwick noch ein bisschen an den Steinstrand gegangen. Wir trafen eine Frau, die uns erzählte, dass zum ersten Mal seit über 100 Jahren wieder Adler auf Hoy nisten. Aus diesem Grund waren ziemlich viele Vogelfreunde auf Hoy und hofften, einen der Adler zu sehen.
In Radwick wurden wir von einem Taxi abgeholt, das uns zurück zur Fähre bringen sollte. Eigentlich wollten wir noch am Dwarfie Stane, einem weiteren Felsengrab, in das jemand arabische Schriftzeichen geritzt hat, halten, aber weil auf der Insel so viel los war, konnte der Taxifahrer uns erst eine halbe später als Marit und ich geplant hatten, abholen und wir hatten keine Zeit mehr für Dwarfie Stane, es sei den, wir hätten eine spätere Fähre genommen. Wir entschieden uns, aber zu versuchen, die halb fünf-Fähre zu bekommen. Der Taxifahrer versprach, zu warten und uns zum Dwarfie Stane zu bringen, sollten wir es nicht auf die Fähre schaffe. Wir passten dann aber noch mit auf die Fähre drauf und fuhren mit 30 Grundschülern, drei Lehrern und den beiden Männern, die uns erst überholt und dann vorgelassen hatten, zurück nach Stromness.

Nachts fuhr ich mit der Fähre zurück nach Aberdeen. Weil ich über Nacht fuhr und schlafen wollte, hatte ich mir vorher einen Sleeping Pod, eine Mischung aus Schlafsessel und Strandkorb mit Leselampe und USB-Anschluss, gebucht. Ein Kissen, eine Decke und eine Schlafmaske waren im Preis inbegriffen. Zuerst dachte ich mir, dass ich gar nicht schlafen können würde, weil ein paar Reihen hinter mir ein Mann mit einer Beatmungsmaschine saß, die einen ziemlichen Krach machte. Aber kaum hatte ich mich in meiner Strandkorb-Mutation eingerollt schlief ich auch schon ein und bekam von der ganzen Überfahrt nichts mit, bis der Kapitän und morgens um sechs per Durchsage weckte.

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